Stefan Heyms politische Publizistik in der DDR

Mit dem berüchtigten 11. Plenum des SED-Zentralkomitees Ende 1965 erlebte die Kulturpolitik der DDR vor 60 Jahren eine tiefgreifende Zäsur. Allen zaghaften Versuchen einer Liberalisierung wurde ein jähes Ende bereitet; zahlreiche Künstler, Schriftsteller und Filmemacher auf Jahre ins Abseits gerückt, ihre Werke in Archive verbannt. Stefan Heym gehörte zu den wichtigsten Persönlichkeiten, gegen die sich die Angriffe der SED richteten. Nicht zuletzt seine politische Publizistik, in der er immer wieder für Kritik und offene Diskussion über die Probleme des Landes warb, war den führenden Genossen ein Dorn im Auge.

Mit dem Sammelband „Stalin verlässt den Raum“ erschien nach der friedlichen Revolution 1989 erstmals eine umfassende Sammlung politischer Publizistik Stefan Heyms aus mehreren Jahrzehnten auch in der DDR. Kerstin Kreul, Henry Kreul und Michael Müller stellen einige der wichtigsten und bemerkenswertesten Texte daraus vor.

Termin: Dienstag, 11. November, 19 Uhr, Stefan-Heym-Forum im Tietz, Moritzstraße 20, 09111 Chemnitz. Eintritt: 3 Euro, ermäßigt 1,50 Euro.

HINWEIS: Es besteht die Möglichkeit, Originalexemplare des 1990 erschienenen Bandes „Stalin verlässt den Raum“ zu erwerben.

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Heym-Filmdoku jetzt auch auf DVD

Foto: B. Kunath/b-k-productions

„Abschied und Ankunft“, eine deutschlandweit in ausgewählten Kinos gezeigte Filmdokumentation über Stefan und Inge Heym und die Geschichte ihrer gemeinsamen Arbeitsbibliothek, ist jetzt auch als DVD erhältlich. Die Produktion der Filmemacherin Beate Kunath begleitet die Vorbereitungen auf den Umzug der umfangreichen Bibliothek aus Heyms Arbeitszimmer in Berlin-Grünau in das neu entstandene Stefan-Heym-Forum in seiner Geburtsstadt Chemnitz. Um zahlreiche Archivaufnahmen ergänzt, ist ein einfühlsames Doppelporträt entstanden, das überraschende neue Einblicke in Heyms Leben und literarisches Schaffen bietet.

Als Bonus-Material sind auf einer zweiten DVD mehr als ein Dutzend Kurzinterviews mit Zeitzeugen enthalten, darunter mit seinem Schriftstellerkollegen Christoph Hein sowie dem früheren ARD-Korrespondenten in der DDR und WDR-Intendanten Fritz Pleitgen.

Kontakt: Die Doppel-DVD „Abschied und Ankunft“ kann bestellt werden unter der E-Mail-Adresse info [at] b-k-productions.de. Preis: 24 Euro (inkl. Mehrwertsteuer und Versandkosten). Nähere Informationen gibt es unter dem QR-Code bzw. hier.

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Zum 150. Geburtstag Thomas Manns

Titelseite des "Deutschen Volksecho", 17. April 1937.

Titelseite des „Deutschen Volksecho“, Ausgabe vom 17. April 1937.

„In meinem Elternhaus“, schrieb Stefan Heym 1965 in einem Beitrag für die Zeitschrift „Sinn und Form“, „war der Künstler eine Respektsperson, der Dichter gar, dessen Wort gedruckt, dessen Name auf einem Buchdeckel eingeprägt war, eine Art Hohepriester. Thomas Mann galt unter den Hohepriestern als der höchste…“

Während seiner Zeit in der Emigration in den USA Mitte der 1930er-Jahre gewann der junge Stefan Heym Thomas Mann neben vielen anderen prominenten Schriftstellern als Unterstützer der in New York erscheinenden antifaschistischen Wochenzeitung „Deutsches Volksecho“. Schon die erste Ausgabe des maßgeblich von Heym betreuten Blattes enthielt einen Text von Mann. Viele weitere über Deutschlands Zukunft folgten.

„Ich kann nur sagen“, so Thomas Mann damals in einem Schreiben an das „Deutsche Volksecho“, „dass ich nach allem, was Sie mir von dem Zweck und der Gesinnung der neuen deutsch-amerikanischen Zeitschrift mitteilen, diese Gründung aufrichtig begrüße und ihr bestes Gedeihen wünsche. Sehr gern ermächtige ich Sie auch, meinen Namen auf Ihre Mitarbeiterliste zu setzen.“

Als der Nobelpreisträger 1938 in die USA übersiedelte, interviewte ihn Heym noch vor der Ankunft an Bord des Atlantik-Dampfers „Ile de France“. „Welch ein Eindruck war das“, erinnerte Heym sich später in seiner Autobiografie „Nachruf“, „der Herr mit der Patriziermanier, der, kerzengerade, die breite Treppe vom Kabinendeck zum Speisesaal hinuntergeschritten kam, huldvoll grüßte, und sich dann tatsächlich herabließ, die Fragen des vor Ehrfurcht ganz heiseren jungen Mannes eine nach der anderen zu beantworten.“

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Vor 95 Jahren: Stefan Heyms früheste Veröffentlichung

19300201 Nie wieder KriegEr begann bereits in jungen Jahren zu schreiben und zu dichten – und er wurde früh gedruckt: Mit dem pazifistischen Gedicht „Nie wieder Krieg!“ erschien vor 95 Jahren, am 1. Februar 1930, in der Chemnitzer Tageszeitung „Volksstimme“ die früheste bekannte Veröffentlichung Stefan Heyms. Der Arbeit des damals noch 16-jährigen Oberschülers, gezeichnet mit seinem bürgerlichen Namen Helmut Flieg, sollten allein bis zu seiner Übersiedelung nach Berlin im Herbst des folgenden Jahres noch mindestens acht weitere Veröffentlichungen folgen. Die von der Sozialdemokratischen Partei herausgegebene Zeitung seiner Heimatstadt, gedruckt in jeweils mehreren zehntausend Exemplaren, blieb dabei zunächst das wichtigste Podium des jungen Dichters. Einige wenige Arbeiten erschienen zudem in Anthologien und kleinen Lyrik-Zeitschriften. Viele dieser frühesten Gedichte gerieten später in Vergessenheit, auch Stefan Heym erinnerte sich ihrer nicht vollständig. „Nie wieder Krieg!“ wurde erst Anfang der 1990er-Jahre wieder entdeckt.

Lese-Tipp: Stefan Heym: „Ich aber ging über die Grenze – Frühe Gedichte“, hrsg. von Inge Heym. (München: C. Bertelsmann, 2013).

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Hartwig Albiro (1931 – 2024)

Die Internationale Stefan-Heym-Gesellschaft trauert um ihr Gründungsmitglied Hartwig Albiro. Der frühere Schauspieldirektor der Städtischen Theater in Stefan Heyms Geburtsstadt Chemnitz verstarb am 31. Dezember im Alter von 93 Jahren.

Albiro galt in Chemnitz bis ins hohe Alter als wichtige Stimme für Demokratie, Freiheit und Frieden. Im Herbst 1989 gehörte er im damaligen Karl-Marx-Stadt zu den ersten Gestaltern der politischen Wende. Er war Mitinitiator des Chemnitzer Friedenstags, den Chemnitz jährlich am 5. März begeht, dem Jahrestag der Bombardierung der Stadt 1945, und der erfolgreichen Bewerbung der Stadt als Europäische Kulturhauptstadt 2025.

Dr. Ulrike Uhlig, die Ehrenpräsidentin der Internationalen Stefan-Heym-Gesellschaft: „Ich bin stolz, dass Hartwig Albiro Mitglied unserer Gesellschaft gewesen ist, und traurig, dass die Chemnitzer Kulturszene eine Persönlichkeit mit großer Ausstrahlung verloren hat. Wann immer man Hartwig um Rat und Unterstützung bat, er war da – verlässlich, anregend. Unvergessen sein Vortrag bei der Verleihung des Internationalen Stefan-Heym-Preises an die polnische Schriftstellerin Joanna Bator. Seine kraftvolle, empathische Stimme wird fehlen. Er fehlt, aber er bleibt in unserem Gedächtnis.“

Unsere Gedanken sind bei seiner Familie.

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„Radek“ neu als Taschenbuch

Mit dem Roman Radek hat der Penguin Verlag die Neuherausgabe von Stefan Heyms Werken in einer Taschenbuchreihe fortgesetzt. Der zum Spätwerk des Autors zählende Roman erzählt die Geschichte des polnisch-russischen Revolutionärs Karl Radek (1885-1939). Er gehörte nach dem Ersten Weltkrieg zu den führenden Vertretern der kommunistischen Bewegung, bevor er unter Stalin in Ungnade fiel. Nach einem Schauprozess im Zuge der „Großen Säuberung“ kam Radek Ende der 1930er-Jahre in einem sowjetischen Arbeitslager ums Leben.
Stefan Heym schrieb den Roman Anfang der 1990er-Jahre. Mittlerweile ist er in einer englischen Übersetzung erschienen.

Der Penguin Verlag bringt seit 2018 Stefan Heyms Romane, Erzählungen und gesammelte Publizistik in einer neuen Taschenbuchreihe heraus. Bislang erschienen sind Gesammelte Erzählungen, Kreuzfahrer von heute, 5 Tage im Juni, Der König David Bericht, Collin, Schwarzenberg, Ahasver sowie der Memoirenband Nachruf. Diese und zahlreiche weiterer Bände sind auch als digitale Werkausgabe in Form von E-Books erhältlich.

Eine Leseprobe finden Sie hier.

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Heinfried Henniger (1934–2024)

Heinfried Henniger bei einem Vortrag 2022. Foto: M. Müller

Die Internationale Stefan-Heym-Gesellschaft trauert um ihren langjährigen Unterstützer und Wegbegleiter Heinfried Henniger. Der frühere Lektor, Verleger und Freund Stefan Heyms ist Anfang November im Alter von 90 Jahren gestorben.

Henniger, der unter anderem als Cheflektor in den Verlagen Der Morgen und Reclam (Leipzig) tätig war, hatte seit den 1980er-Jahren die Herausgabe von Werken Stefan Heyms in der DDR und in der Bundesrepublik betreut. Er besorgte die Zusammenstellung und Herausgabe der Publizistikbände Wege und Umwege (1980), Einmischung (mit Inge Heym, 1990), Stalin verlässt den Raum (1990) und Offene Worte in eigener Sache (mit Inge Heym und Ralf Zwengel, 2003), ebenso den Sammelband Reden an den Feind mit Funkmanuskripten Stefan Heyms aus seiner Zeit in der amerikanischen Armee in den Jahren 1944/45. Als in der Bundesrepublik 1988 Stefan Heyms Memoiren Nachruf erschienen, begleitete er Heym auf einer Lesereise quer durch Westdeutschland.

Die Internationale Stefan-Heym-Gesellschaft verliert mit Heinfried Henniger einen ihrer langjährigen Förderer, dem das Wachhalten der Erinnerung an Stefan Heym eine Herzensangelegenheit war. Gern war Heinfried Henniger auf Veranstaltungen und zu Zeitzeugengesprächen der Gesellschaft zu Gast. Für die Einrichtung des Stefan-Heym-Forums in Heyms Geburtsstadt Chemnitz, in dem auch die Original-Arbeitsbibliothek von Stefan und Inge Heym zu sehen ist, stellte er Ausstellungsstücke zur Verfügung. Seine Erinnerungen an die Jahre seiner Zusammenarbeit mit Heym sind dort für die Nachwelt in einem Zeitzeugeninterview festgehalten.

Die Internationale Stefan-Heym-Gesellschaft wird das Andenken an Heinfried Henniger in Ehren halten. Unsere Gedanken sind bei seiner Frau Barbara und seiner Familie.

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Stefan Heym als Alterspräsident des Deutschen Bundestags

Foto: Deutscher Bundestag / Presse-Service Steponaitis

Vor 30 Jahren, im Herbst 1994, wurde Stefan Heym als parteiloser Abgeordneter für die Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) in den Deutschen Bundestag gewählt. Als ältestem Mitglied des Parlaments oblag es ihm, einige Wochen nach der Wahl dessen konstituierende Sitzung zu eröffnen. Seine Rede als Alterspräsident, die damals von den Vertretern der Regierungsparteien außerordentlich kühl aufgenommen wurde, gilt heute als eine der großen Reden der bundesdeutschen Parlamentsgeschichte. Auch nach nunmehr drei Jahrzehnten erweist sie sich in nahezu allen ihren Aspekten noch immer als erstaunlich aktuell.

In einem Podiumsgespräch erinnert sich Heidemarie Lüth, die seinerzeit ebenfalls dem Bundestag als Abgeordnete angehörte, an Stefan Heym als Parlamentarier und an den Umgang mit ihm in der Öffentlichkeit. Julia Loßnitzer vom Netzwerk für Demokratieförderung Erzgebirge diskutiert Heyms Gedanken aus heutiger Perspektive.

Termin: Donnerstag, 7. November, 19 Uhr, Chemnitz, Neue Sächsische Galerie im Tietz. Eintritt: 6 Euro, ermäßigt 3 Euro.

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Heyms unbekannter Roman: 80 Jahre „Of Smiling Peace“

„Flammender Frieden“ in der Originalausgabe aus dem Jahr 1944 (rechts) und in deutscher Erstausgabe (2021). Foto: M. Müller

Vor 80 Jahren, im Kriegsherbst 1944, erschien in den USA Stefan Heyms zweiter Roman „Of Smiling Peace“. Im deutschen Sprachraum war es über Jahrzehnte hinweg das wohl am wenigsten bekannte Werk des Autors. Erst 20 Jahre nach seinem Tod erschien das Buch 2021 unter dem Titel „Flammender Frieden“ erstmals auch auf Deutsch.

Stefan Heym schrieb „Of Smiling Peace“ während seiner militärischen Ausbildung in verschiedenen Trainingscamps der U.S. Army, etwa ein Jahr nach der Veröffentlichung seines erfolgreichen Debütromans „Hostages“. Schauplatz der Handlung ist Nordafrika während des Vormarschs der Amerikaner und Briten gegen die Truppen der Achsenmächte.

Das Buch stieß nach seiner Veröffentlichung in den USA auf ein recht positives Echo. Heym betrachtete sein Werk rückblickend jedoch vor allem als eine Art Vorstudie zu seinem vier Jahre später erschienenen international größten Erfolg, den Roman „The Crusaders“ (dt. „Kreuzfahrer von heute“ bzw. „Der bittere Lorbeer“). In der Folge verzichtete er auf weitere Ausgaben und Übersetzungen.

„Flammender Frieden“ ist als gebundene Ausgabe sowie als E-Book und Hörbuch im Verlag C.Bertelsmann erschienen. Die Übertragung ins Deutsche besorgte Bernhard Robben.

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Friedrich Schorlemmer (1944–2024)

Friedrich Schorlemmer bei einer Lesung „Stefan Heym – Einer, der nie schwieg“ 2013 in Berlin. Foto: Ulli Winkler / Die Linke

Mit dem Theologen und Bürgerrechtler Friedrich Schorlemmer ist eine Symbolfigur der Friedlichen Revolution in der DDR gestorben, die sich dem Andenken Stefan Heyms in besonderer Weise verpflichtet fühlte. Erstmals begegnet waren sich Schorlemmer und Heym in den 1970er-Jahren in Berlin, kurz nach dem Erscheinen von Heyms Roman „Der König David Bericht“ in der DDR. Schorlemmer war begeistert von dem Buch und dessen leicht zu dechiffrierender Kritik am Stalinismus. Er lud Heym zu einer Lesung nach Merseburg ein, wo er seinerzeit als Studentenpfarrer tätig war. Im Wendeherbst 1989 gehörten beide zu den Rednern der Demonstration vom 4. November auf dem Berliner Alexanderplatz und wenig später zu den Erstunterzeichnern des Aufrufs „Für unser Land“, der für einen Erhalt der DDR als eigenständige sozialistische Alternative zur Bundesrepublik plädierte.

Seine Erinnerungen an seine Begegnungen mit Stefan Heym sind in dem Band „Ich habe mich immer eingemischt“ enthalten, der 2013 anlässlich von Heyms 100. Geburtstag erschienen ist. Im selben Jahr war Schorlemmer Schirmherr einer Internationalen Stefan-Heym-Konferenz der Internationalen Stefan-Heym-Gesellschaft in Heyms Geburtsstadt Chemnitz.

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