Dokumentarstück „Wenn mich einer fragte…“

Das Figurentheater der Städtischen Theater Chemnitz hat in der neuen Spielzeit ein neu entwickeltes Stück über Stefan Heym in sein Programm aufgenommen. Es trägt den Titel „Wenn mich einer fragte…“ und untersucht mit dokumentarischen Mitteln und Puppenspiel das Verhältnis zwischen Stefan Heym und seiner Geburtsstadt Chemnitz. Premiere war am 6. Oktober.

Heym wurde 1913 als Helmut Flieg in Chemnitz geboren. Wegen der Veröffentlichung eines antimilitaristischen Gedichts musste er die Stadt nach Anfeindungen vor allem durch Nationalsozialisten bereits 1931 als Jugendlicher verlassen. Im Frühjahr 1933 floh er vor den Nazis nach Prag, wo er sich sein Pseudonym Stefan Heym zulegte. 1935 emigrierte er in die USA und begann als Journalist, Redakteur und schließlich als Schriftsteller zu arbeiten. Als Soldat der U.S. Army kehrte Heym 1945 erstmals wieder in das zerbombte Chemnitz zurück. Anfang der 1950er-Jahre übersiedelte er in Folge der antikommunistischen Verfolgungen während der McCarthy-Ära schließlich nach Ostberlin, wo er bis zu seinem Tod 2001 lebte.

In dem in Zusammenarbeit mit dem Verein ASF-FF – Netzwerk für globales Lernen und dessen Programm „Neue unentdeckte Narrative“ entwickelten Stück in der Regie von Christoph Werner, dem langjährigen Künstlerischen Leiter des Puppentheaters Halle/Saale, kehren der alte und der junge Heym in Gestalt zweier Puppenfiguren zurück. Sie blicken in ihrer je eigenen Perspektive auf die Stadt und eine Lebensgeschichte, die voller Umbrüche, Widersprüche und Visionen steckt und doch eine gemeinsame ist. Was haben sich der Autor Heym und sein junges Ich zu erzählen? Und was hätten sich Chemnitz und der Mensch Heym heute zu sagen? Zusätzliche Aktualität erfährt das Stück durch die Ereignisse Ende August in der Stadt.

Aufführungen: Schauspielhaus Chemnitz, Kleine Bühne, Zieschestraße 28. Altersempfehlung: ab 15 Jahre. Termine, Tickets und nähere Informationen unter www.theater-chemnitz.de

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Aus aktuellem Anlass

Stefan Heym war ein Schriftsteller, ein Publizist, ein Mensch, der nie schwieg, der sich nicht rausgehalten hat, wenn die Demokratie auf dem Prüfstand stand. Auch wir tun das nicht.

Seien Sie versichert, wir stehen ein für ein gewaltfreies, menschliches und buntes Chemnitz. Wir wenden uns vor allem auch an unsere Mitglieder in Russland, den USA, in Schweden, Österreich und Großbritannien, die die Ereignisse in Stefan Heyms Geburtsstadt, genau wie wir, mit großer Sorge verfolgt haben werden.

Es gibt in Chemnitz ein breites Netzwerk von engagierten Bürgern, Unternehmern, Wissenschaftlern und Künstlern, das sich gegen Hass, Gewalt und Intoleranz formiert. Wir, die Internationale Stefan-Heym-Gesellschaft, gehören dazu. Seit Jahren lesen wir die frühen Gedichte Stefan Heyms, die sich gegen Krieg und Verfolgung wenden – in Chemnitz, in Düsseldorf, in Schwarzenberg, – überall, wo man sie hören will, wir gestalten Theaterprojekte mit und unterstützen den Stefan-Heym-Wettbewerb für junge Literatur.

Erst am vergangenen Dienstag wurde uns durch Gerald Richter, dem Sprecher der Chemnitzer Bürgerinitiative Aktion C für Frieden und Toleranz, ein Projekt für eine Grafic Novel, die sich mit dem Leben Stefan Heyms beschäftigen wird, vorgestellt. Selbstverständlich unterstützen wir solch ein Vorhaben, jungen Menschen das Leben und Werk Heyms nahezubringen.

Stefan Heym zu lesen, bedeutet, sich mit Demokratie, mit Werten des gesellschaftlichen, des menschlichen Miteinanders auseinanderzusetzen. Was wir seit einiger Zeit immer wieder hören: Seine Bücher seien erschreckend aktuell.

Der Vorstand und Programmbeirat der Internationalen Stefan-Heym-Gesellschaft bedanken sich bei ihren Mitgliedern. Ihre Mitgliedschaft ist ein Statement für Demokratie, Toleranz und gesellschaftliche Verantwortung.

„Chemnitz ist weder grau noch braun“ ist eine Aktion engagierter Chemnitzer Bürger, Unternehmer und Wissenschaftler. Weitere Infos unter wedergraunochbraun.de.

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Vor 50 Jahren: Stefan Heym und der „Prager Frühling“

Prag 1968: Panzer und Militärfahrzeuge auf dem Altstädter Ring. Foto: Alexander Alexejew

Mit dem Einmarsch der Truppen des Warschauer Vertrages endete im August 1968 eine kurze Periode politischer Reformen in der Tschechoslowakei, die Stefan Heym wie viele Sozialisten seinerzeit mit großen Sympathien verfolgt hatte. Heym fühlte sich seit den ersten Jahren seiner Emigration, die er von 1933 bis 1935 in Prag verbracht hatte, sehr verbunden und hatte dort viele Freunde. Die Tschechoslowakei wurde zum Handlungsort zweier seiner zeitgenössischen Romane – Hostages (1942, dt.: Der Fall Glasenapp) und The Eyes of Reason (1951, dt.: Die Augen der Vernunft).

Vorboten des „Prager Frühlings“ hatte Stefan Heym, der nach dem 11. Plenum des SED-Zentralkomitees Ende 1965 in der DDR in Ungnade gefallen war, bereits während eines Aufenthaltes in der ČSSR um den Jahreswechsel 1966/67 wahrgenommen. Das tschechoslowakische Staatsfernsehen erwog damals eine Verfilmung seines Weltkriegsromans The Crusaders (1948, dt.: Kreuzfahrer von heute / Der bittere Lorbeer). Das Projekt blieb infolge der Niederschlagung der Reformbewegung unverwirklicht.

Die dramatischen Ereignisse in Prag verfolgte Stefan Heym von Berlin aus, während der Niederschrift seiner Novelle Die Schmähschrift oder Königin gegen Defoe, inmitten einer Phase intensiven Schaffens, die mit zunehmenden Sorgen im Alltag einherging. Sowohl seine Frau Gertrude als auch seine Mutter waren schwer krank; beider Leben endete im Laufe der folgenden Monate. Laut Heyms Autobiographie Nachruf telefonierte er noch in der Nacht vor der von ihm bereits befürchteten Intervention mit Bekannten in Prag. Die Frau Hanuš Burgers, eines Weggefährten aus den 1930er-Jahren, der mit ihm gemeinsam das Kindertheaterstück Tom Sawyers großes Abenteuer (1934) verfasst und im Zweiten Weltkrieg wie Heym in der Psychological Warfare der US Army gedient hatte, schilderte ihm die Lage. Burger selbst hielt sich gerade zu Dreharbeiten in Ostrava auf. Am nächsten Morgen rollten Panzer der sowjetischen Armee und ihrer Verbündeten durch das Land.

Angesichts der Reformunwilligkeit der herrschenden Parteien in Osteuropa plädierte Stefan Heym in den folgendenen Jahren mehr und mehr für einen dritten Weg zwischen Ost und West. Am deutlichsten formulierte er diesen Ansatz in seinem Roman Schwarzenberg aus, der 1984 erschien.

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Vortrag über Stefan Heyms Zeit in den USA als Podcast

Prof. Mario Keßler bei seinem Vortrag in Berlin Ende Mai 2018. Foto: Michael Müller

Stefan Heyms amerikanische Jahre von 1935 bis 1951 waren im Frühjahr 2018 Thema eines Vortrags von Professor Dr. Mario Keßler, Historiker am Zentrum für zeithistorische Forschung in Potsdam. In einer Veranstaltung der Reihe „Literatur und Gesellschaft“ des Vereins „Helle Panke“ und der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Berlin zeichnete er Heyms Werdegang in den 1930er- und 1940er-Jahren nach – vom politisch verfolgten Flüchtling aus Deutschland zu einer markanten Figur des antifaschistischen Exils und erfolgreichen Schriftsteller. Ein gut eineinhalbstündiger Mitschnitt des Vortrags kann nunmehr über die Plattform Soundcloud als Podcast nachgehört und heruntergeladen werden.

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Veranstaltung: Stefan Heym und John Heartfield

John Heartfields Sommerhaus in Waldsieversdorf (Brandenburg). Foto: Häven / Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0.

Mit Stefan Heym als Weggefährten John Heartfields beschäftigt sich am 25. August eine Veranstaltung im Heartfieldhaus in Waldsieversdorf (Brandenburg). Der junge Stefan Heym lernte den vor allem für seine Fotomontagen berühmten, mehr als zwanzig Jahre älteren Künstler John Heartfield (1891-1968) während seiner ersten Jahre des Exils in Prag kennen, wohin beide vor den Nationalsozialisten geflohen waren. Heartfields Bruder, der Verleger Wieland Herzfelde, war dort eine der zentralen Figuren der antifaschistischen Emigration. 1944 begegneten sich Heym und Heartfield erneut. Diesmal in London, wo sich Stefan Heym als Soldat der US-Armee auf die Landung der alliierten Truppen in Europa vorbereitete. Später bemühte sich Heym in der DDR um eine angemessene Anerkennung von Heartfields künstlerischem Lebenswerk und forderte öffentlich dessen Aufnahme in die Akademie der Künste.

Mitwirkende der von Eva Maleck-Lewy konzipierten und moderierten Veranstaltung sind die Schauspielerin und Dramaturgin Gabriele Gysi, die Texte Stefan Heyms vortragen wird, die Jazz-Musikerin Ruth Hohmann sowie der Pianist Lukas Natschinski.

Termin: Samstag, 25. August 2018, 15 Uhr, John-Heartfield-Haus, Schwarzer Weg 12, 15377 Waldsieversdorf. Weitere Informationen unter www.heartfield.de.

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Vor 65 Jahren: Stefan Heym bricht mit den USA

Meldung der „Berliner Zeitung“ vom 17. April 1953.

Im Frühjahr 1953 bekommt US-Präsident Dwight D. Eisenhower Post aus Ostberlin. Der Absender: Stefan Heym, amerikanischer Schriftsteller, in Deutschland geboren, Reserveoffizier der U.S. Army. Anlage: Dessen Militärorden „Bronze Star Medal“, der ihm nach der Ardennenschlacht 1944 verliehen worden war, und sein Offizierspatent. Er könne nicht länger einer Armee zur Verfügung stehen, erläutert Heym in einem kurzen Begleitschreiben, „die an einem solchen Krieg teilnimmt, wie ihn jetzt die Vereinigten Staaten in Korea führen“.

Mit dem Brief und einer zeitgleich in der Presse verbreiteten Erklärung macht Stefan Heym seinen Bruch mit den USA öffentlich. Zwei Jahre nach seiner Flucht aus Deutschland 1933 war er auf Einladung einer jüdischen Studentenverbindung zum Studium zunächst nach Chicago gegangen. Später leitete er in New York die antifaschistische Wochenzeitung Deutsches Volksecho; 1942 gelang ihm mit seinem Debütroman Hostages in den USA der Durchbruch als Schriftsteller. Ab 1943 diente Heym in der US-Armee und nahm nach der Landung in der Normandie als Soldat einer Einheit für „psychologische Kriegsführung“ an der Befreiung Europas vom Nationalsozialismus teil.

Angesichts der Verfolgungen linker Intellektueller unter Senator Joseph McCarthy hatten Heym und seine Frau Gertrude die Vereinigten Staaten Anfang der 1950er-Jahre verlassen. Nicht zuletzt sein 1951 erschienener Roman The Eyes of Reason (dt. Die Augen der Vernunft) über die politischen Umwälzungen in der Tschechoslowakei 1947/48 hatten den Schriftsteller ins Visier geraten lassen. Dass die Heyms schließlich in der DDR landen würden, war zunächst keineswegs ausgemacht. In mehreren osteuropäischen Staaten waren aus dem Exil zurückgekehrte Westemigranten, zumal solche jüdischer Abstammung, in jener Zeit unter fingierten Vorwürfen in Schauprozessen verurteilt und zum Teil hingerichtet worden. Die Führung der DDR aber erklärte sich schließlich bereit, Heym und dessen Frau politisches Asyl zu gewähren. Die USA, deren demokratische Traditionen Stefan Heym lange Zeit schätzte, besuchte er erstmals Ende der 1970er-Jahre wieder.

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Vor 85 Jahren: Heym flieht vor den Nazis nach Prag

Unter jenen, die Deutschland im Frühjahr 1933 verlassen mussten, weil sie wegen missliebiger Veröffentlichungen ins Visier der Nationalsozialisten geraten waren, war er mit seinen 19 Jahren der wohl Jüngste: Vor 85 Jahren, nur wenige Wochen nach Hitlers Machtantritt, floh Stefan Heym von Berlin aus Hals über Kopf vor den Nazis in die Tschechoslowakei. Tags zuvor war in seiner sächsischen Heimatstadt Chemnitz nach ihm gefahndet worden. Dort hatte sich der junge Heym (damals noch unter seinem Geburtsnamen Helmut Flieg) bereits als Schüler mit antimilitaristischen Gedichten den Zorn der Nationalsozialisten zugezogen.

Über den verschneiten Kamm des Riesengebirges floh Stefan Heym am Abend des 12. März 1933 vor den Nazis aus Deutschland. Foto: Archiv

Von der Familie zur Flucht gedrängt, fuhr er mit dem Zug von Berlin nach Schlesien und marschierte dort über einen Pass hinauf auf den noch verschneiten Kamm des Riesengebirges, wo die nur mäßig kontrollierte Grenze zur Tschechoslowakei verlief. In Prag vermittelte ihm die Familie des Schriftstellers Egon Erwin Kisch eine erste Unterkunft. Wie lange das Exil dauern würde, war völlig ungewiss. Noch in der ersten Nacht schreibt er vom Nachtpostamt eine Karte nach Hause und nutzt dabei erstmals jenes Pseudonym, das später ganz offiziell sein neuer Name werden sollte: Stefan Heym.

Prag, Mala Stepanska 6: In diesem Haus lebte Stefan Heym während seines Prager Exils 1933-35 zur Untermiete. Foto: M. Müller (2003)

In Prag schreibt er schon bald für die örtliche deutschsprachige Presse, für Emigrantenblätter unterschiedlicher linker Strömungen, gelegentlich auch für Satirezeitschriften und Revuetheater. „Meine Jahre in der Tschechoslowakei, 1933 bis 1935, haben einen großen Einfluss auf meine spätere Arbeit gehabt, besonders da sie für mich auch die ersten Jahre literarischen Schaffens sind“, blickt Heym später zurück.

Nach anderthalb Jahren geht er auf Vermittlung einer jüdischen Studentenverbindung in die USA. Nach Abschluss seines Studiums wird er in New York Redakteur der neu gegründeten antifaschistischen Wochenzeitung Deutsches Volksecho, 1942 erscheint sein erster Roman Hostages. Schauplatz der Handlung ist das mittlerweile von den Nazis besetzte Prag, seine erste Exil-Station. Nach Deutschland sollte Stefan Heym erst zwölf Jahre nach seiner Flucht wieder zurückkehren – mit amerikanischem Pass, in amerikanischer Uniform, auf der Seite der Sieger. 

Lese-Tipp: Seine Flucht aus Deutschland und die Jahre im Exil beschreibt Stefan Heym ausführlich in seiner Autobiografie Nachruf. Zahlreiche, größtenteils kaum bekannte Gedichte aus dieser Zeit sind in dem Band Ich aber ging über die Grenze enthalten.

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„Nachruf“ und „Ahasver“ in neuen Ausgaben

Die Verlagsgruppe Random House, zu der Stefan Heyms Hausverlag C. Bertelsmann gehört, bringt mehrere Werke Heyms in neuen Taschenbuchausgaben heraus. Als erste Neuerscheinungen sind für diesen Monat seine Autobiografie Nachruf (1988) und sein Roman Ahasver (1981) angekündigt. Beide Bücher erscheinen im Penguin Verlag und sind auch als E-Book verfügbar. Ahasver ist zudem als Hörbuch zum Herunterladen erhältlich. Erscheinungstermin ist laut Verlag der 12. März. Die Bände kosten jeweils 12 Euro (Deutschland).

Leseproben und weitere Informationen finden Sie hier.

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Vor 25 Jahren: Heym gibt sein Archiv nach Cambridge

Die Cambridge University Library verwahrt seit 25 Jahren Stefan Heyms umfangreiches Privatarchiv. Foto: M. Müller

Zu Beginn des Jahres 1993 überraschte die Universität Cambridge mit einer offiziellen Pressemitteilung: Der deutsche Schriftsteller Stefan Heym habe sein umfangreiches Archiv an Schriften, Manuskripten, Erstausgaben, Tonbändern, Zeitungen und Flugblättern kürzlich der Universitätsbibliothek Cambridge übergeben. Das außergewöhnlich umfangreiche und reichhaltige Archiv decke alle Lebensabschnitte Heyms ab, sei sorgfältig gepflegt und geordnet, hieß es. Die Sammlung werde zu einer wichtigen Quelle der akademischen Forschung in Cambridge werden.

Heyms Archiv umfasste damals bereits annähernd 300 Archivboxen und Bände mit literarischen Manuskripten, beginnend mit frühesten Gedichten aus den 1930er-Jahren; ferner etliche Mitschnitte, Abschriften und Belegexemplare von Interviews aus mehreren Jahrzehnten, Zeitungsausschnitte und Kopien von Rezensionen sowie mehrere Zehntausend Briefe. Der Bestand wurde später mehrfach ergänzt, in großen Teilen katalogisiert und steht heute als „Stefan Heym Archive“ für Forschungszwecke zur Verfügung.

In Deutschland hatte die Übergabe des Archivs ins Ausland vor 25 Jahren für Verwunderung gesorgt. Der fast 80-jährige Heym erläuterte seine Beweggründe damals mit Verweisen auf tödliche Brandanschläge gegen Ausländer in Deutschland in den Monaten zuvor. „Ich frage mich manchmal, was in einem Land, wo Menschen lebendig verbrannt werden, dann erst mit Papieren geschehen kann“, äußerte er in den Medien. Tatsächlich hatte er den Transfer des Archivs nach Großbritannien bereits vor dem Fall der Mauer vorbereitet. Stefan Heym hatte Sorge, die Staatssicherheit könne die Papiere nach seinem Tod beschlagnahmen. Den Kontakt zur Universitätsbibliothek in Cambridge hatte sein späterer Biograf Professor Peter Hutchinson vermittelt. Er war an der Universität lange Zeit als Professor für Germanistik tätig und hat sich bereits seit den 1970er-Jahren intensiv mit Stefan Heym beschäftigt.

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Zwei Weggefährten Stefan Heyms

Wolfgang Schreyer (1927-2017). Foto: Günter Prust

Horst Hussel (1934-2017). Foto: Peter Thoms

Zwei Wegbegleiter Stefan Heyms sind tot: Am 18. November erlag der Künstler Horst Hussel im Alter von 83 Jahren in Berlin einer schweren Krankheit, nur vier Tage zuvor ist in Ahrenshoop an der Ostsee der Romanautor Wolfgang Schreyer gestorben – wenige Tage vor seinem 90. Geburtstag. Mit beiden unterhielt Heym seit DDR-Zeiten lange freundschaftliche Beziehungen. Horst Hussel, der als einer der großen Nonkonformisten der DDR galt, illustrierte eine Reihe seiner Erzählbände. Zuletzt hatte er mehrere farbige Collagen für die Ausgabe „Frühe Gedichte“ beigesteuert, die 2013 anlässlich von Stefan Heyms 100. Geburtstag erschien. Wolfgang Schreyer zählte bereits ab den 1950er-Jahren zu den engeren Vertrauten Heyms. Beide standen wegen ihrer kritischen Haltung gegenüber den gesellschaftlichen Zuständen in der DDR unter verschärfter Beobachtung, ihre Wirkungsmöglichkeiten wurden beschränkt. Über seine Beziehung zu Stefan Heym hat Wolfgang Schreyer in mehreren seiner Bücher berichtet, so unter anderem in dem noch zu Heyms Lebzeiten erschienenen „Der zweite Mann“ (2000) sowie in „Ahrenshooper Begegnungen“ (2008).

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