Vor 65 Jahren: Stefan Heym bricht mit den USA

Meldung der „Berliner Zeitung“ vom 17. April 1953.

Im Frühjahr 1953 bekommt US-Präsident Dwight D. Eisenhower Post aus Ostberlin. Der Absender: Stefan Heym, amerikanischer Schriftsteller, in Deutschland geboren, Reserveoffizier der U.S. Army. Anlage: Dessen Militärorden „Bronze Star Medal“, der ihm nach der Ardennenschlacht 1944 verliehen worden war, und sein Offizierspatent. Er könne nicht länger einer Armee zur Verfügung stehen, erläutert Heym in einem kurzen Begleitschreiben, „die an einem solchen Krieg teilnimmt, wie ihn jetzt die Vereinigten Staaten in Korea führen“.

Mit dem Brief und einer zeitgleich in der Presse verbreiteten Erklärung macht Stefan Heym seinen Bruch mit den USA öffentlich. Zwei Jahre nach seiner Flucht aus Deutschland 1933 war er auf Einladung einer jüdischen Studentenverbindung zum Studium zunächst nach Chicago gegangen. Später leitete er in New York die antifaschistische Wochenzeitung Deutsches Volksecho; 1942 gelang ihm mit seinem Debütroman Hostages in den USA der Durchbruch als Schriftsteller. Ab 1943 diente Heym in der US-Armee und nahm nach der Landung in der Normandie als Soldat einer Einheit für „psychologische Kriegsführung“ an der Befreiung Europas vom Nationalsozialismus teil.

Angesichts der Verfolgungen linker Intellektueller unter Senator Joseph McCarthy hatten Heym und seine Frau Gertrude die Vereinigten Staaten Anfang der 1950er-Jahre verlassen. Nicht zuletzt sein 1951 erschienener Roman The Eyes of Reason (dt. Die Augen der Vernunft) über die politischen Umwälzungen in der Tschechoslowakei 1947/48 hatten den Schriftsteller ins Visier geraten lassen. Dass die Heyms schließlich in der DDR landen würden, war zunächst keineswegs ausgemacht. In mehreren osteuropäischen Staaten waren aus dem Exil zurückgekehrte Westemigranten, zumal solche jüdischer Abstammung, in jener Zeit unter fingierten Vorwürfen in Schauprozessen verurteilt und zum Teil hingerichtet worden. Die Führung der DDR aber erklärte sich schließlich bereit, Heym und dessen Frau politisches Asyl zu gewähren. Die USA, deren demokratische Traditionen Stefan Heym lange Zeit schätzte, besuchte er erstmals Ende der 1970er-Jahre wieder.

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