Vor 40 Jahren: Heym und die Biermann-Ausbürgerung

Die Ausbürgerung Wolf Biermanns aus der DDR vor vierzig Jahren wurde zu einer der großen Zäsuren in der Geschichte der DDR. Nicht zuletzt, weil rasch eine Gruppe namhafter Schriftsteller die Initiative ergriff und in einem „Offenen Brief“ an die Staatsführung gemeinsam Protest artikulierte. Ihrer Erklärung schlossen sich weit über einhundert prominente Künstler und etliche Bürger aus dem gesamten Land an – ein bis dahin beispielloser, nahezu undenkbarer Vorgang.

Viele der damaligen Akteure haben später ihre Erinnerungen an den Spätherbst 1976 veröffentlicht. Zu den bekanntesten zählt der Band „Abgehauen“ des kürzlich verstorbenen Schauspielers Manfred Krug. Er enthält die Abschrift einer heimlich auf Tonband aufgezeichneten Aussprache das Politbüro-Mitglieds Werner Lamberz mit einigen Unterzeichnern des Protestes. Wolf Biermann selbst hat in seiner im Oktober erschienenen Autobiografie „Warte nicht auf bessre Zeiten“ noch einmal seine Sicht der Dinge dargelegt.

Stefan Heym veröffentlichte mit seinem Erinnerungsband „Der Winter unsers Missvergnügens“ 1996 eine tagebuchartige Aufzeichnung aus jenen Wochen, die Politisches und Persönliches gleichermaßen wiedergibt. Sie enthält zudem eine Reihe zeitgenössischer Notate der Staatssicherheit der DDR aus seiner umfangreichen Stasi-Akte (OV „Diversant“). Aus ihnen geht hervor, wie gut und wie frühzeitig das Ministerium über Heym und dessen Aufzeichnungen über die Ereignisse im Herbst 1976 Bescheid wusste. „Die Zeugnisse dieser Vergangenheit“, so schreibt Stefan Heym im Vorwort, „mögen den Heutigen helfen, die Zeit damals besser zu verstehen, aber auch die Courage zu erkennen, mit der einzelne DDR-Bürger es unternahmen, öffentlich zu vertreten, was sie für gut und richtig hielten.“

Lese-Tipp: „Der Winter unsers Missvergnügens“ (München: btb, 1998), 222 Seiten, ISBN: 978-3-442-72366-9.

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