Seit seiner Übersiedelung aus den USA zu Beginn der 1950er-Jahre hat sich Stefan Heym immer wieder kritisch mit den Medien in der DDR auseinandergesetzt. Vor 40 Jahren, im Herbst 1976, unternahm er dazu ein besonderes Experiment: Einen Monat lang verzichtete er darauf, Nachrichtensendungen der westdeutschen Fernsehprogramme einzuschalten. Stattdessen verfolgte Heym Abend für Abend die „Aktuelle Kamera“, die Hauptnachrichtensendung des DDR-Fernsehens. Die Ergebnisse dieses Selbstversuches legte er wenige Monate später in einem Beitrag für das in der Bundesrepublik erscheinende Wochenmagazin „Stern“ vor. Heym, der selbst lange Zeit journalistisch tätig gewesen war, analysiert darin auf durchaus unterhaltsame Weise Nachrichtenauswahl und -präsentation ebenso wie ständig wiederkehrende Filmschnittmuster und Sprachschablonen. Der mit „Leben mit der Aktuellen Kamera“ überschriebene Text wurde später unter dem Titel „Je voller der Mund, desto leerer die Sprüche“ auch in dem Sammelband „Wege und Umwege“ mit publizistischen Arbeiten Heyms aus mehreren Jahrzehnten veröffentlicht.
Lese-Tipp: Stefan Heym: „Wege und Umwege/Einmischung“ (München: btb, 1998; ISBN 978-3-442-72360-7).