Prag, Ende 1934. Zwei junge Herren brüten über einer Dramatisierung von Mark Twains Tom Sawyer. Der eine: Hanuš Burger, Dramaturg am Deutschen Theater der Stadt; der andere: Stefan Heym, ein einundzwanzigjähriger Flüchtling aus Deutschland. Ein Kinderstück sollte es werden, über den Kampf eines kleinen Jungen gegen die Gleichgültigkeit einer ganzen Stadt. Ein Stück, angesiedelt im Mittleren Westen der Vereinigten Staaten von Amerika Mitte des 19. Jahrhunderts, neu interpretiert im Lichte aktueller Ereignisse. „Das benachbarte Dritte Reich“, so schildert Hanuš Burger später in seinen Erinnerungen Der Frühling war es wert (1977), „bot noch eine Reihe weiterer Angriffspunkte: der brutale Rassismus, die organisierte Aufwiegelung des ,gesunden Volksempfindensʻ und die Bedeutung von Solidarität.“
Für seinen Ko-Autor Stefan Heym wurde Tom Sawyers großes Abenteuer zum ersten und zugleich erfolgreichsten seiner wenigen Versuche, einen literarischen Stoff für die Bühne zu bearbeiten. Bis zur Uraufführung am 10. Februar 1937 am Befreiten Theater in Prag, einer bedeutenden Avantgarde-Bühne, sollten allerdings noch gut zwei Jahre vergehen. Heym konnte ihr und auch den bald darauf folgenden Inszenierungen in Teplitz-Schönau und Wien schon nicht mehr beiwohnen, da er bereits kurz nach Fertigstellung des Skripts in die USA gegangen war. Als er Anfang der 1950er-Jahre seinen Freund Burger in Prag wieder traf, entstand die Idee, das Stück den Theatern neu anzubieten. Wenig später gab es gefeierte Aufführungen an der Wiener Scala; in der DDR wurde Tom Sawyers großes Abenteuer ab den 1950er-Jahren zu einem der meist gespielten Stücke für Kinder. Eine Hörspielproduktion aus dem Jahr 1962 ist noch heute als Hörbuch erhältlich.
Eine Leseprobe des Bühnenmanuskripts bietet der Henschel-Verlag hier; eine Hörprobe zur Hörspielproduktion von 1962 findet sich auf den Seiten der Verlagsgruppe Random House.