Mit der Veröffentlichung seines Romans Collin Anfang 1979 in der Bundesrepublik hatte Stefan Heym einmal mehr den Zorn der DDR-Obrigkeit auf sich gezogen. Während Rezensenten im Westen Heyms Mut würdigen, geht im Osten der Staat scharf auf Konfrontation: Weil er Collin ohne Genehmigung des Büros für Urheberrechte veröffentlicht hat, wird Heym wegen Devisenvergehen angeklagt und zu einer Geldstrafe verurteilt. „Sie reden von Devisen, aber es geht um das Wort, es geht um die Freiheit der Literatur“, erklärt der 66-Jährige nach langem Schweigen im ZDF. Der verantwortliche Korrespondent des Senders in Ostberlin wird prompt aus der DDR ausgewiesen. Drei Wochen später, im Juni 1979, schließt der DDR-Schriftstellerverband Stefan Heym und weitere acht Berufskollegen aus seinen Reihen aus. Das Tribunal im Roten Rathaus von Berlin zählte zu den Tiefpunkten der DDR-Kulturpolitik – die Rede, die Heym dort zu seiner Verteidigung hielt, zu seinen bemerkenswertesten. Zehn Jahre später, im Wendeherbst 1989, annuliert der Verband den Ausschluss. Einige Monate später wird Heym dessen Ehrenvorsitzender.
Lese-Tipp: Die wichtigsten Stellungnahmen Stefan Heyms zu den Vorgängen sind in dem Sammelband Wege und Umwege veröffentlicht, das Protokoll der Verbandsversammlung in dem von Joachim Walther und anderen 1991 bei Rowohlt herausgegebenen Band Protokoll eines Tribunals.