Stefan Heym und die friedliche Revolution in der DDR

Stefan Heym am 4. November 1989 auf dem Berliner Alexanderplatz. Foto: Hubert Link / ADN-ZB. Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-1989-1104-039

Stefan Heym am 4. November 1989 auf dem Berliner Alexanderplatz. Foto: Hubert Link / ADN-ZB. Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-1989-1104-039

„Es ist, als habe einer die Fenster aufgestoßen“, mit diesen Worten beginnt eine der heute bekanntesten Reden des Wendeherbstes 1989. Stefan Heym, angekündigt als „Nestor unserer Bewegung“, hält sie auf dem Berliner Alexanderplatz vor mehreren Hunderttausend Teilnehmern der wohl größten Demonstration, die die DDR  erlebte – am 4. November 1989. In den Wochen des demokratischen Aufbruchs avanciert er zu einem der gefragtesten Kommentatoren. In einem Essay Neue Hoffnung für die DDR“ in der Hamburger Wochenzeitung „Die Zeit“ plädiert Heym am 13. Oktober für Reformen hin zu einem „sozialistische[n] Staat auf deutschem Boden, der seinen Bürgern wahre Freiheit und alle Rechte garantiert“. Zehn Tage später kritisiert er in einem Beitrag im „Spiegel“ (Zwischenbericht“) die Ablösung des Staats- und Parteichefs Erich Honecker und einiger weiterer älterer Mitglieder der SED-Führung als ungenügend. Überaus kontrovers diskutiert wird Stefan Heyms Essay Aschermittwoch“, der einen Monat nach dem Mauerfall im „Spiegel“ und der ostdeutschen Tageszeitung „Junge Welt“ erscheint. Ende November 1989 gehört der 76-Jährige zu den Erstunterzeichnern des Aufrufs „Für unser Land“, der sich gegen eine Wiedervereinigung Deutschlands wendet und für einen demokratischen Sozialismus plädiert. Wenige Tage zuvor hatte der Schriftstellerverband der DDR den 1979 verhängten Ausschluss Stefan Heyms und weiterer Autoren annulliert. Im Buchverlag Der Morgen erscheint noch vor Weihnachten Stefan Heyms Roman 5 Tage im Juni“ über die Ereignisse des 17. Juni 1953 nach dreißigjährigem Verbot erstmals in der DDR.

Gemeinsam mit dem Leipziger Schriftsteller Werner Heiduczek gibt Stefan Heym 1990 den mehr als 400 Seiten umfassenden Sammelband Die sanfte Revolution“ heraus mit Prosa, Lyrik, Erlebnisberichten, Protokollen und Reden aus den Wochen des Umbruchs im Herbst 1989. Zu den rund 60 Beiträgern zählen unter anderen die Schriftstellerkollegen Volker Braun, Christoph Hein, Erich Loest, Günter Kunert, Jurij Brĕzan, Bernd Jentzsch, Heinz Knobloch, Heinz Kahlau, Lutz Rathenow, der Liedermacher Wolf Biermann, der Künstler Wolfgang Mattheuer sowie die Bürgerrechtler Friedrich Schorlemmer, Konrad Weiß und Vera Wollenberger (Lengsfeld).

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