Das Büchlein erschien pünktlich zur Deutschen Einheit und war das wohl erste Werk der Belletristik, das wesentliche Facetten des Umbruchs im Osten des Landes hinterfragte: Mit „Auf Sand gebaut“ legte Stefan Heym bereits im Herbst 1990 einen Band mit sieben Kurzgeschichten vor, die zeittypische Erscheinungen auf dem Weg zur Wiedervereinigung illusionslos beschreiben. Im Mittelpunkt stehen die sprichwörtlichen „Wendehälse“ – einstige Träger des DDR-Systems, die flink Anschluss finden an die Marktwirtschaft. Aber auch von irritierten Stasifunktionären, die plötzlich ohne Aufgabe dastehen, ist die Rede; von etablierten Künstlern, die neuerdings nichts mehr wissen wollen von ihren früheren Orden und Ehrungen, und von „Alteigentümern“ aus dem Westen, die enteigneten Immobilienbesitz zurückverlangen – auch wenn dieser sich auf „Arisierungen“ während der Nazizeit gründet. Ein Heym-typisches literarisches Kontrastprogramm zur nationalen Euphorie der damaligen Zeit, das voller Sarkasmus zugleich die Tragfähigkeit des gesellschaftlichen Fundaments des neuen Deutschlands infrage stellt. Der Titel „Auf Sand gebaut“, so äußerte Heym bei der Vorstellung des Buches, deute zudem die politische Lage an und stehe für die „Geschichte der DDR, auch was sein könnte nach all den großen Reden, die jetzt geschwungen werden“.
Lese-Tipp: „Auf Sand gebaut“ ist zuletzt mit der zwei Jahre später veröffentlichten Essaysammlung „Filz. Gedanken über das neueste Deutschland“ als Doppelband im btb-Verlag erschienen.