Vor 80 Jahren: Heyms Debütroman „Hostages“ erscheint

Das Café Manes am Ufer der Moldau in Prag ist Schauplatz des ersten Kapitels von Stefan Heyms 1942 erschienenem Debütroman „Hostages“ (auf Deutsch: „Der Fall Glasenapp“). Foto: Archiv

Das Café Mánes am Ufer der Moldau in Prag ist Schauplatz des ersten Kapitels von Stefan Heyms 1942 erschienenem Debütroman „Hostages“ (auf Deutsch: „Der Fall Glasenapp“). Foto: Archiv

„Es kommt selten vor, dass ein Verlag nach Vorlage von nur zwei Kapiteln einen Buchvertrag unterschreibt. Es kommt noch seltener vor, dass eine Filmgesellschaft nach Einsicht von nur acht Kapiteln die Verfilmungsrechte eines Buches erwirbt. Es ist jedoch kaum jemals vorgekommen, dass ein Verlag als erste Auflage eines Buches 26.000 Exemplare drucken lässt in der festen Überzeugung, dass das Buch ein Best-Seller wird.“ (Der Aufbau“, New York, 9. Oktober 1942)

Der Verlag G. P. Putnam’s Sons sollte nicht enttäuscht werden: „Hostages“, Stefan Heyms erster Roman, wurde ein Bestseller. Vor 80 Jahren, Mitte Oktober 1942, kam das auf Englisch verfasste und innerhalb weniger Monate fertig gestellte Buch in den USA, seit 1935 Heyms Exilland, in den Handel. Seine Handlung ist in der von den Nazis besetzten tschechoslowakischen Hauptstadt Prag angesiedelt, Heyms erster Station nach seiner Flucht aus Deutschland im Frühjahr 1933. Sie erzählt von den Folgen des plötzlichen Verschwindens eines Nazi-Offiziers. Obwohl schnell klar ist, dass dieser sich das Leben nahm, setzen die deutschen Besatzer eine Gruppe Einheimischer als Geiseln fest und versuchen, den Vorfall wie einen Mord aussehen zu lassen.

Die Kritik reagierte überaus positiv auf den Erstling des 29-jährigen Heym, einer Mischung aus Detektivgeschichte und Lovestory. „Hostages“ werde ohne Frage zu den besten Romanen des Jahres 1942 zu zählen sein, wenn nicht gar einer viel längeren Periode, schrieb beispielsweise Orville Prescott in der „New York Times“. Das Buch sei seiner Ansicht nach der bislang beste Roman über das Leben unter den Nazis; selbst Anna Seghers’ „Das siebte Kreuz“ gebe keine bessere Vorstellung von der kruden Psychologie der Nazi-Tyrannen und dem unerschütterlichen Heroismus ihrer Opfer, so Prescott.

Die Verfilmung des Romans mit Oscar-Preisträgerin Luise Rainer in einer der Hauptrollen kam 1943 in die amerikanischen Kinos. Auf Deutsch erschien das Buch erst Ende der 1950er-Jahre in der DDR, unter dem Titel „Der Fall Glasenapp“. Heym, mittlerweile ein international erfolgreicher Schriftsteller, übertrug den Text selbst ins Deutsche und nahm dabei umfangreiche Änderungen auch in Teilen der Handlung vor.

Lese-Tipp Stefan Heym: „Der Fall Glasenapp“. München: btb, 2005. 368 Seiten. ISBN 9783442734559. Als E-Book: München: C.Bertelsmann, 2021. ISBN 9783641278298.

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