„In meinem Elternhaus“, schrieb Stefan Heym 1965 in einem Beitrag für die Zeitschrift „Sinn und Form“, „war der Künstler eine Respektsperson, der Dichter gar, dessen Wort gedruckt, dessen Name auf einem Buchdeckel eingeprägt war, eine Art Hohepriester. Thomas Mann galt unter den Hohepriestern als der höchste…“
Während seiner Zeit in der Emigration in den USA Mitte der 1930er-Jahre gewann der junge Stefan Heym Thomas Mann neben vielen anderen prominenten Schriftstellern als Unterstützer der in New York erscheinenden antifaschistischen Wochenzeitung „Deutsches Volksecho“. Schon die erste Ausgabe des maßgeblich von Heym betreuten Blattes enthielt einen Text von Mann. Viele weitere über Deutschlands Zukunft folgten.
„Ich kann nur sagen“, so Thomas Mann damals in einem Schreiben an das „Deutsche Volksecho“, „dass ich nach allem, was Sie mir von dem Zweck und der Gesinnung der neuen deutsch-amerikanischen Zeitschrift mitteilen, diese Gründung aufrichtig begrüße und ihr bestes Gedeihen wünsche. Sehr gern ermächtige ich Sie auch, meinen Namen auf Ihre Mitarbeiterliste zu setzen.“
Als der Nobelpreisträger 1938 in die USA übersiedelte, interviewte ihn Heym noch vor der Ankunft an Bord des Atlantik-Dampfers „Ile de France“. „Welch ein Eindruck war das“, erinnerte Heym sich später in seiner Autobiografie „Nachruf“, „der Herr mit der Patriziermanier, der, kerzengerade, die breite Treppe vom Kabinendeck zum Speisesaal hinuntergeschritten kam, huldvoll grüßte, und sich dann tatsächlich herabließ, die Fragen des vor Ehrfurcht ganz heiseren jungen Mannes eine nach der anderen zu beantworten.“